Dienstag, 25. Juni 2024
Tag der Mitglieder: Exkursion nach Lorsch und Steinbach bei Michelstadt
Die Fahrt nach Lorsch und Michelstadt war wieder sehr gut besucht.
Romanik [von lateinisch romanus »römisch«] wird definiert als die Kunst von etwa 1000 bis zur 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts, die durch die Wiederaufnahme römischer Baumotivegekennzeichnet werden kann.
Im März 1027 wurde Konrad II. in der Peterskirche in Romzum Kaiser gekrönt. Die Krönung zählt zu den glanzvollsten des Mittelalters! Die prachtvolle Kaiserkrone trägt auf dem Bügel die lateinische Aufschrift: „Konrad von Gottes Gnaden hehrer Kaiser der Römer“ (Chonradus dei gratia Romanorum imperator augustus ).
Seinen imperialen Anspruch hat Konrad II. neben der Reichskrone auch auf der Grabkrone mit Kreuz und Lilien sowie auf der lateinischen Inschrift auf der Bleitafel unter seinem Haupt niederschreiben lassen: „verstarb selig am 4. Juni der zweite Konrad, der erhabene Kaiser der Römer..." (Auszug, übersetzt) Der Bezug nach Rom ist unübersehbar!
Die Gründung der Stadt Speyer geht auf ein römisches Kastell von 10 v. Chr. zurück. Vor dem Westbau des Domes befand sich eine römische Badeanlage. Die Hauptstraße des römischen Militärlagers führte auf der Südseite des Domes vorbei runter zum Rhein. Römische Bauten in situ haben wir nicht mehr. Römische Spolien kann man allerdings noch heute im Historischen Museum der Pfalz bewundern.
Säule, Bogen, Arkade sind die entscheidenden Architekturelemente aus denen die Monumentalarchitektur der Antike besteht. Mit der Verwendung dieser Baumotive will man an dasmächtige Römische Weltreich anknüpfen!
Bei unserer diesjährigen Exkursion nach Lorsch und Michelstadt haben wir uns Bauwerke der Vorromanik angesehen (480-1040). Diese Zeit wird in unserem Sprachraum auch häufig analog zu den Herrscherdynastien als merowingisch, karolingisch und ottonisch bezeichnet.
Zu dieser Karolingischen Architektur gehört die Torhalle in Lorsch wie auch die Einhardsbasilika in Steinbach bei Michelstadt.
Das Kloster Lorsch wurde 764 gegründet und war bis zum hohen Mittelalter als Reichskloster ein Macht-, Geistes-, und Kulturzentrum. Auf dem Klostergelände haben sich heute noch die Königshalle, ein Teil der Vorkirche der Basilika und die Zehntscheune erhalten.
Bei der karolingischen Torhalle finden wir den klassischen Formenkanon aus der Antike vor, den wir auch bei unserem Dom haben. Denken Sie an die Gestaltung der Krypta von Speyer I unter Konrad II. mit den klassischen Bogenreihen. Oder denken Sie an die großen Gurtbögen im Mittelschiff von Speyer II, die unter Heinrich IV. hinzugefügt wurden und die antikisierende Kompositkapitelle haben, die wir ebenso in der Doppelkapelle und den Baldachinaltären im Querhaus finden.
Die Einhardsbasilika in Steinbach wurde von 815 – 827 von Einhard errichtet, einem fränkischen Laienabt und Gelehrten aus der Gefolgschaft von Karl dem Großen. Jener Einhard war auch der Leiter der berühmten Hofschule Karls des Großen.
Unser Dom wurde von den Saliern, den Kaisern des Heiligen Römischen Reiches ca. 200 Jahre später zw. 1030 und 1125 errichtet!
Hinter beiden Bauten steckt jeweils ein ganz anderer Machtanspruch, ganz andere Möglichkeiten und ganz andere finanzielle Mittel! Aber dennoch können wir, wenn wir an Speyer I denken, Parallelen finden.
Auf der Nordseite des Domes haben wir über der Afrakapelle eine große fast ungegliederte Wand mit kleinteiligem Bruchsteinmauerwerk und große schmucklose Rundbogenfenster. Die Wand wird einzig von kurzen Lisenen und einfachen Rundbogenfriesen über den Rundbogenfenstern gegliedert.
Im Vergleich dazu sehen wir bei der Einhardsbasilika nur wuchtige Wände mit kleinen Fenstern und kleinteiligem Mauerwerk ohne jegliche Außengliederung!
Wie viel prachtvoller wird dann Speyer II unter Heinrich IV. mit dem neu errichteten Querhaus nebst Apsis! Die Außenwände sind durch Arkadenreihen gegliedert und aus großen Sandsteinquadern und nicht mehr aus kleinteiligem Bruchsteinmauerwerk. Anstelle von kleinen Fensteröffnungen haben wir riesige Rundbogenfenster mit aufwändig geschmückten Fensterumrahmungen. Die schönsten sind auf der Südseite des Querhauses mit Perlstab-, Akanthus- und Weinlaubfriesen!
Mit unserer Exkursion nach Lorsch und Michelstadt sind wir in der Architekturgeschichte einen Schritt zurück in die Vorromanik gegangen, um die Leistung, den gewaltigen Sprung zu der romanischen Architektur bei unserem Kaiser- und Mariendom besser einschätzen zu können.
Auch Dank der sehr guten Führungen war es ein gelungener Ausflug in die Zeit der Vorromanik!